Bhagavad-gita/Mahabharata

Aus Epen-Zirkel-Wiki

Symposien

  • 6.April 2016 - 20:30 bei Tobias: Anbahnung des neuen Themas, Bestimmung der Lektüre und Kontextthemen
  • 25.Mai 2016 - 20:30 bei Andreas: Einleitung von S. Radhakrishnan von 1958
  • 8.Juni 2016 - 20:30 bei Tiemo: Kontextthemen aus "Hinduismus" von Malinar 2009 (Matthias -> Geschichte; Andreas -> Religiöse Praxis; Tiemo -> Soziale Dimension; Tobias -> Konzepte)
  • 18.Juli 2016 - 20:30 bei Matthias: Kontextthemen aus "Hinduismus" von Malinar 2009 (Matthias -> Geschichte; Andreas -> Religiöse Praxis; Tiemo -> Soziale Dimension; Tobias -> Konzepte)
  • 14.Dezember 2016 - 20:30 in der kleinen Markthale : Wiedersehen nach Tobis US-Aufenthalt
  • 15.Januar 2017 - 20:30 bei Tobias: Neustart ohne Matthias - Reflektion des Status quo
  • 9.Februar 2017 - 20:30 bei Andreas: Kontextthemen aus "Hinduismus" von Malinar 2009 (Gemeinsam -> Geschichte; Tobias -> Konzepte)
  • 27.Februar 2017 - 20:30 bei Tiemo: Start des Lesens der Bhagavad-gita von S. Radhakrishnan; Teil 1 und 2
  • 20.März 2017 - 20:30 bei Tobi: Teil 3
  • 6.April 2017 - 20:30 bei Andreas: Teil 4 Anfang
  • 31.Mai 2017 - 20:30 bei Tiemo: lesen ab 4.23.
  • 19.Juni 2017 - 20:30 bei Tobi: Teil 5
  • 5. Juli 2017 - 20:30 bei Andreas: Teil 6

Enzyklopädische Einführung

Mahabharata

Das Mahabharata (Sanskrit, महाभारत, n., mahābhārata „die große Geschichte der Bharatas“) ist das bekannteste indische Epos. Man nimmt an, dass es erstmals zwischen 400 v. Chr. bis 400 n. Chr. niedergeschrieben wurde, aber auf älteren Traditionen beruht (bis zu 7000 v. Chr.). Es umfasst etwa 100.000 Doppelverse.

Große indische Dichter, wie z. B. Kalidasa, haben immer wieder auf das Mahabharata sowie auf das Ramayana, das zweite große Volksepos Indiens, zurückgegriffen. Die Epen bilden zusammen mit den Puranas und anderen Werken als Bestandteile der Smritis den Kern der hinduistischen Überlieferung. Den bedeutendsten philosophischen Text des Mahabharata, die Bhagavadgita, zählt man oft zu den Shrutis, den Offenbarungsschriften. Zusammen mit dem tibetischen Epos des Königs Gesar gehört das Mahabharata zu den umfangreichsten literarischen Werken der Welt. Das Werk ist eines der wichtigsten Dharma-Bücher und darum für Hindus ein wichtiger Leitfaden. Es schneidet alle Aspekte hinduistischer Ethik an, weist einerseits orthodoxe Äußerungen auf, etwa über die Aufgaben der Kasten und Frauenpflichten, dann wiederum erhebt es an vielen Stellen heftigen Protest dagegen. Mit seiner großen Anzahl an Geschichten und Motiven sowie seinen unzähligen religiösen und philosophischen Parabeln wird die Bedeutung des Epos am besten mit dem Satz aus dem ersten Buch zusammengefasst: „Was hier gefunden wird, kann woanders auch gefunden werden. Was hier nicht gefunden werden kann, kann nirgends gefunden werden.“ Das Mahabharata ist sowohl Heldenepos als auch ein bedeutendes religiöses und philosophisches Werk, dessen Ursprung möglicherweise in vedischer Zeit liegt. Traditionell wird der mythische Weise Vyasa als Autor angenommen, der in der Geschichte selbst eine Rolle spielt. Der Legende nach soll er es komponiert und dem elefantenköpfigen Gott Ganesha diktiert haben. Im Laufe der Jahrhunderte kam es immer wieder zu Veränderungen und Weiterentwicklungen des Werks, denn vieles wurde lange Zeit nur mündlich überliefert. Es besteht aus vielen Schichten, die sich im Laufe der Zeit anlagerten.

Das Mahabharata ist in achtzehn Kapitel und eine Appendix unterteilt und enthält neben der Hauptgeschichte hunderte von Nebengeschichten und kleinere Episoden. Grundsätzlich beschäftigt sich das umfangreiche Epos mit allen Themen, die im Hinduismus wichtig sind: mit dem Leben der Geschöpfe, mit Tod und Wiedergeburt, mit Karma und Dharma (Rechtschaffenheit), beschreibt Glück und Leid, die Ergebnisse der guten und der schlechten Taten, das Opfer, sowie die verschiedenen Zeitalter, es beschäftigt sich mit den Göttern und überliefert uralte Hymnen.

Die Rahmenhandlung beschreibt den Kampf der Kauravas mit den Pandavas, zweier verwandter Fürstenfamilien, auf dem Schlachtfeld in Kurukshetra (nördlich von Delhi). Es ist sehr wahrscheinlich, dass es sich im Kern um ein historisches Geschehen handelt, für viele Inder sind die Begebenheiten Tatsache. Der Kampf wird als schrecklicher Bruderkrieg dargestellt, bei dem viele Menschen starben. Er bildet auch den dramaturgischen Hintergrund der Bhagavad-Gita (Gesang Gottes), in der es um philosophisch-religiöse Inhalte geht.

Die Hauptgeschichte:

Ein Fürst aus dem alt-indischen Herrschergeschlecht der Bharatas hatte drei Söhne: Dhritarashtra, Pandu und Vidura. Der älteste, der blinde Dhritarashtra, konnte wegen seiner Blindheit den Thron nicht besteigen. Trotzdem übertrug der regierende Pandu nach einiger Zeit den Thron seinem blinden Bruder und zog sich mit seinen beiden Frauen Kunti und Madri in die Wälder zurück. Dort wurden ihm, bevor er starb, fünf Söhne geboren, die Pandavas (Söhne von Pandu): Yudhishthira, Bhima, Arjuna, sowie die Zwillinge Nakula und Sahadava. Der regierende blinde König Dhritarashtra hatte einhundert Söhne, die Kauravas (benannt nach dem Urahn Kuru), von denen der älteste, Duryodhana, zum Hauptgegenspieler der Pandavas wurde.

Der Haupterzählstrang des Mahabharata beschäftigt sich mit dem Konflikt zwischen diesen beiden verwandten Familien und ihren Verbündeten. Die Kauravas unter Führung von Duryodhana versuchen immer wieder, ihre Cousins – die Pandava-Brüder – zu beseitigen, um ihren eigenen Anspruch auf den Thron zu sichern. Aber die Pandavas können entkommen und streifen einige Jahre zusammen mit ihrer Mutter Kunti als Asketen verkleidet umher. Am Ende dieser Zeit gewinnt Arjuna die Hand der Prinzessin Draupadi auf ihrer Gattenwahl. Doch aufgrund ihres vorbestimmten Schicksals und durch ein Missverständnis von Kunti wird sie zur Ehefrau aller fünf Pandavas. Denn als die fünf Brüder zu ihrer Mutter Kunti nach Hause kamen, meinte diese, ohne aufzuschauen und ohne die neue Schwiegertochter bemerkt zu haben, sie sollten untereinander alles teilen, was sie mitgebracht hätten. Da einem Befehl der Mutter nicht widersprochen werden durfte, heiratete Draupadi alle fünf Söhne, obwohl dies nicht Sitte war, und trotz der Bedenken des regierenden Königs Dhritarashtra.

Im weiteren Verlauf der Geschichte besitzen die Pandavas und die Kauravas je ein Königreich, damit der Frieden gesichert werden kann. Aber die Kauravas organisieren ein Würfelspiel, in dem die Pandavas ihr gesamtes Königreich verlieren. Schließlich müssen die Pandavas zwölf Jahre lang im Exil leben und sich dann im dreizehnten Jahr unerkannt in der Gesellschaft aufhalten. Doch selbst nach diesen dreizehn Jahren verweigern die Kauravas unter der Führung von Duryodhana die Rechte der Pandavas, wobei sich auch der regierende blinde König Dhritarashtra mit seinem Beraterstab auf die Seite seiner Söhne stellt.

So kommt es zum großen Krieg, bei dem elf Stämme auf der Seite der Kauravas gegen sieben auf der Seite der Pandavas kämpfen. Auch der mit beiden Familien verwandte König Krishna, von dem es heißt, dass er ein Avatar des Gottes Vishnu sei, beteiligt sich als Wagenlenker des Pandava Arjuna an der Auseinandersetzung. Vor Beginn der großen Schlacht vermittelt Krishna ihm die Lehren der Bhagavad-Gita. Schließlich, nach unsäglichem Leid auf beiden Seiten, gewinnen die Pandavas und führen ihr Volk in eine glückliche Zeit.

Nach einigen Jahren gehen die Pandava-Brüder mit ihrer Frau Draupadi auf eine Pilgerreise in den Himalaya. Bis auf Yudhishthira sterben unterwegs nacheinander alle. Ihm schließt sich ein Hund an, der ihm bis zum Himmelstor folgt. Nun wird der Pandava geprüft und er muss seine Lieben unter Qualen in der Hölle finden. Doch als sich herausstellt, dass Yudhisthira eher bei seiner Frau, seinen Brüdern und dem Hund bleiben will, als ohne diese die himmlische Herrlichkeit zu genießen, fällt sein menschlicher Körper endgültig von ihm ab und er erkennt, dass alles ein Trugbild zu seiner Prüfung war.

Bhagavad-gita

Basisinformation

Ein Teil des Epos Mahabharata - Die Bhagavad Gita (gītā – Lied, Gedicht; bhagavan – der Erhabene, Gott; „der Gesang des Erhabenen“), verkürzt auch nur Gita, ist eine der zentralen Schriften des Hinduismus. Sie hat die Form eines spirituellen Gedichts. Der vermutlich zwischen dem fünften und dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert entstandene Text ist eine Zusammenführung mehrerer verschiedener Denkschulen des damaligen Indien auf Grundlage der Veden, der Upanishaden, des orthodoxen Brahmanismus, des Yoga und weitere, steht aber den Upanishaden gedanklich am nächsten.

Die Lehren der Bhagavad-Gita sind eingebettet in einen umfangreichen episch-dramatischen Kontext, in das Epos Mahabharata („die große Geschichte der Bharatas“).

Es handelt sich um eine Selbstoffenbarung Krishnas, der sich vor Beginn eines großen Krieges, welchen das Mahabharata ausführlich beschreibt, auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra dem Fürsten Arjuna als göttliches oder kosmisches Selbst zu erkennen gibt.

Krishna (wörtlich „der Schwarze“) ist eine hinduistische Form des Göttlichen und wird meist als der achte Avatara von Vishnu verehrt. Für seine Anhänger ist er die Inkarnation des Höchsten. Krishna kommt in der Bhagavadgita, je nach Kontext, unterschiedliche Bedeutung zu: Einmal wird er als das kosmische Selbst angesehen, das alles Lebende durchdringt; ein anderer Aspekt ist die Bedeutung als innere Göttlichkeit, die eine Reflexion des kosmischen Selbstes in jedem Lebewesen ist. Eine dritte Funktion ist die des spirituellen Lehrers.

Entsprechend der hinduistischen Mythologie leben wir jetzt im Kali-Yuga, dem „dunklen, schwarzen Zeitalter“, das nach Krishnas Tod begann (3102 v. Chr.). Von Krishna heißt es, er sei gekommen, um den Menschen jene ethischen und philosophischen Unterweisungen zu geben, die für die Zeit dieses Yuga notwendig seien.

Obgleich es einen historischen Hintergrund für die Ghita gibt, ist der Text nicht als geschichtlich zu betrachten. Viele Hindus sehen ihn als Allegorie. Eine mögliche und weit verbreitete Sichtweise ist, dass es sich um ein Zwiegespräch handelt zwischen der inneren Göttlichkeit, verkörpert durch Krishna, und der menschlichen Seele, die Arjuna darstellt: das Schlachtfeld sei das Leben, und die feindlichen Heerscharen, gegen die Arjuna antreten muss, verkörperten die menschlichen Schwächen, die besiegt und überwunden werden müssten. Neben dieser sich auf das Individuum beziehenden Deutung ist es möglich, der Bhagavadgita eine Deutung zu geben, die sich auf die Menschheit als Ganzes bezieht. In dieser evolutionären Anschauung ist die Schlacht ein Aufeinandertreffen der asurischen, egoistischen Kräfte mit denen der göttlichen Ordnung. Arjuna und seine Mitstreiter werden in diesem Bemühen von Krishna, dem Avatar, angeführt und unterstützt.

Inhalt

Die Söhne des Fürsten Pandu werden von ihrem Onkel Dhritarashtra aus dem Stamm der Kurus und von dessen Söhnen um ihren rechtmäßigen Thronanspruch betrogen und immer wieder Verfolgungen ausgesetzt. Schließlich kommt es auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra, der „Stätte der Kurus“, zu einer großen Schlacht. Arjuna, der dritte der Söhne des Pandu, befindet sich in einem persönlichen Konflikt zwischen der Zuneigung zu seinen Verwandten auf der Gegenseite und seiner Pflicht als Fürst und dem rechtmäßigen Anspruch seiner Familie auf Land und Thron. Er ist „von Furcht überwältigt“ und weigert sich zu kämpfen. Auf seinem Streitwagen (sanskrit: Ratha) befindet sich Krishna als Wagenlenker. Dieser versucht Arjuna durch religiös-philosophische Unterweisung aus seinem Zwiespalt zu befreien und zum Kampf zu bewegen.

Formale Aspekte

Sie besteht aus 700 Strophen, die auf 18 Gesänge bzw. Kapitel verteilt sind. Die Gita umfasst die Gesänge 25 bis 42 des 6. Buches der Mahabharata.

Der größte Teil des Werkes besteht aus zwei Verszeilen, die aufeinanderbezogen sind. Jede Verszeile setzt sich aus zwei achtsilbigen Reihen zusammen.

Beispiel (1. Gesang, Vers 47):

evam uktvārjunaḥ saṅkhye (acht Silben)

rathopastha upāviśat, (acht Silben)

visṛjya sa śaraṁ cāpaṁ, (acht Silben)

śokasaṁvignamānasaḥ. (acht Silben)

Und Arjuna sank leiderfüllt

Auf seines Wagens Sitz zurück,

Der Bogen glitt ihm aus der Hand,

Und Gram umflorte seinen Blick.

In einigen Strophen wird von diesem Metrum ohne erkennbaren Grund abgewichen.

Bedeutung im Hinduismus

Hindus betrachten die Lehren der Bhagavad-Gita traditionell als Quintessenz der Veden. Beim Studium ergeben sich oft scheinbare Widersprüche: Während einige Stellen anscheinend einen Dualismus lehren – die Zweiheit von Natur und Geist, von Gott und Mensch –, lehren andere die Einheit. Durch diese unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten ist das Gedicht Mittelpunkt für die verschiedensten Glaubensrichtungen. Die achtzehn Kapitel des Epos haben das gesamte indische Geistesleben beeinflusst. Kein Text der Hinduliteratur wird so viel gelesen, so oft auswendig gelernt und so häufig zitiert, wie diese Verse. Viele Hindus ziehen das Buch als wichtigen Ratgeber heran, und auch für Mahatma Gandhi war es von erheblicher Bedeutung.

Versionsgeschichte und Übersetzungen

Traditionell gehören Übersetzer Kommentatoren einer spirituellen Tradition oder Schule und bestimmten Gurulinien an, die jede für sich beanspruchen, am zuverlässigsten den Originaltext wiederzugeben. Die verschiedenen Übersetzer und Kommentatoren haben bisweilen auch weit voneinander abweichende Ansichten über die Bedeutung bestimmter Sanskritwörter und Ausdrücke. Dies führt dazu, dass Interpretationen ganzer Abschnitte in den Literaturwissenschaften des Westens oft mit den traditionellen Ansichten nicht übereinstimmen. Nach Aussage des Indologen Helmut von Glasenapp lässt sich auch die Treffsicherheit des Ausdrucks und der Hauch des Weihevollen, die dem Urtext eigen sind, nicht voll übertragen. Eine weitere Schwierigkeit besteht bei der Übersetzung darin, dem Original treu zu bleiben und dennoch Metrum und Reim zu erhalten.

Der älteste und zugleich einflussreichste indische Version des Mittelalters stammt von Shankara, dem bedeutendsten Philosophen der Vedanta-Schule des Advaita-Vedanta (Nicht-Dualität). Nach ihm weisen auch die Lehren der Gita auf die Erkenntnis einer sich als pure Erscheinung (Maya) manifestierenden, differenzierten Wirklichkeit sinnlicher und gedanklicher Erfahrung. Anderer Ansicht ist dagegen Ramanuja, der im elften Jahrhundert lebte und lehrte, dass die erfahrbare Welt keine Täuschung oder Illusion, sondern in all ihrer Vielfalt real ist, diese Realität gleichwohl aber vom Allerhöchsten abhänge.

Ein persischer Universalgelehrter hat sich mit der Ghita um 1000 in einem berühmten Buch über Indien, dem Kitab-al-Hind, beschäftigt. Um 1600 wurde das Werk in persische Prosa übertragen.

1785 kam die Bhagavad Gita, durch den Orientalisten Charles Wilkins übersetzt, nach Europa. August Wilhelm Schlegel, der Inhaber des ersten Lehrstuhls für Indologie in Deutschland an der Universität Bonn, ließ die ersten Sanskrit-Texte 1823 in Europa mit einer lateinischen Übersetzung drucken. Sie fand begeisterte Aufnahme, und viele zeitgenössische Gelehrte verbreiteten sie unter ihren Schülern. Wilhelm von Humboldt schrieb 1825 bis 1826 zwei Abhandlungen darüber in den Schriften der Berliner Akademie. Er bezeichnete die Bhagavad Gita als „… das schönste, ja vielleicht das einzig wahrhafte philosophische Gedicht, das alle uns bekannten Literaturen aufzuweisen haben“.

Die Bhagavad-Gita wurde in Versform unter anderem von Robert Boxberger (1870), Franz Hartmann (1904) Theodor Springmann (1920), und Leopold von Schroeder (1937) (ins Deutsche) und von Friedrich Rückert (ins Lateinische) übersetzt.

Unter den zahlreichen Prosa-Übersetzungen sind diejenigen von Richard Garbe (1905), Paul Deussen (1906) und Rudolf Otto (1935) von besonderem wissenschaftlichen Wert.

Im 20. Jahrhundert wurden Kommentare von den Großen der indischen Unabhängigkeitsbewegung Bal Gangadhar Tilak , Mahatma Gandhi und Sri Aurobindo geschrieben. Andere moderne Kommentatoren waren Swami Vivekananda und Sarvepalli Radhakrishnan.

Weltweit verbreitet ist heute die Übersetzung und Kommentierung "Bhagavad-gītā, wie sie ist" des ISKCON („Hare Krishna“)-Begründers Prabhupada, der die Lehren im Lichte des monotheistischen Gaudiya Vaishnavatums betrachtet.

Inhaltliche Zusammenfassung

  1. Gesang Niedergeschlagenheit. Arjuna bittet Krishna, ihn zwischen die beiden Heere zu fahren. Als er auf der Seite der Kurus einen Großteil seiner Verwandten erblickt, hält er es für ungerechtfertigt, gegen sie zu kämpfen.
  2. Gesang Yoga der Erkenntnis. Arjuna will nicht kämpfen. Krishna spricht zu ihm als Lehrer. Nur die Körper seien vergänglich; der unvergängliche, ungeborene, ewige Geist im Menschen aber könne nicht getötet werden. Er appelliert dann weiter an seine Ehre als Krieger und dass es seine Pflicht sei, einen gerechten Kampf zu führen. Allgemeiner führt er aus, dass eine Tat in Gleichmut und Andacht geschehen soll und ohne auf den Erfolg der Tat zu spekulieren. Er soll seine Sinne bändigen und auf den Höchsten schauen (Samkhya-Philosophie)
  3. Gesang Yoga des Handelns. Arjuna will wissen, warum er kämpfen soll, wo doch die Erkenntnis wichtig sei. Krishna sagt, dass er handeln müsse, weil die in uns wohnende Natur zum Handeln zwinge. Ein Mensch, der sich zum Nichtstun zwinge und doch an Sinnendinge denke, würde vom rechten Wege abgelenkt werden. Besser sei es, die auferlegte Tat frei von Eigennutz zu tun. Auch im Hinblick auf die Ordnung der Welt müsse er handeln; denn was der Beste tut, das tun die anderen Menschen auch.
  4. Gesang Göttliche Erkenntnis. Krishna, der Avatar, erklärt, dass er bereits viele Geburten durchlebt hat und immer wieder diese unvergängliche Lehre des Yoga verkünde zum Schutz der guten Menschen und zu der Bösen Untergang. Und wer diese Wahrheit wirklich erkannt habe, werde nicht wiedergeboren und gelange zu ihm. Weiterhin sagt er, dass man dem Brahman auf viele Arten opfern könne, doch das Opfer der Erkenntnis sei das beste Opfer. Denn durch diese Erkenntnis erkenne man alle Wesen im Selbst und dann in ihm.
  5. Gesang Entsagung oder Yoga der Werke. Arjuna fragt, was denn nun besser sei, sich der Tat zu enthalten oder die Tat zu üben. Krishna antwortet, dass beide Wege Heil bringen, doch höher als die Entsagung der Tat sei der Yoga des Wirkens zu bewerten. Beide Wege führten zum Ziel, doch sei wahrhafte Entsagung ohne Yoga nur schwer zu erreichen. Wer aber im Yoga lebend seine Sinne bezwungen habe und mit aller Wesen Seele eins sei, werde durch sein Handeln nicht verstrickt. Und wer Brahman als den Herrn der Welt erkannt habe, der alle Opfer und Anstrengung mit Freuden annehme, gelange zum wahren Frieden.

Fragen, Kurzeinträge, Thesen, Literatur

Fragen, Kurzeinträge

Die Einleitung

1. Die Bedeutung der ganzen Ghita

2. Alter und Text

3. Hauptkommentatoren

4. Letzte Realität

5. Krisna

6. Zustand der Welt - die Formung Maya

7. Die Einzelseele

8. Yoga satra die Erziehung

9. Jnana oder das erlösende Wissen

10. Der Weg der Erkenntnis - Jnana marga

11. Der Weg der Hingabe: Bhakit-marga

12. Der Weg des Handelns Karma-marga

13. Das Ziel

Fragen zum Thema Religion

  • Stört die religiöse Differenzierung bei der Lösung globaler Fragen des 21.Jahrhunderts?
  • Muss "gegen Religion" insofern Aufklärung betrieben werden?
  • oder braucht es Religion weiterhin als Gegenkonzept zu Technikwelt, Konsum, politischen Sytemen ...?
  • Wie könnte man gegen Religion vorgehen, ohne Menschen ins Leere fallen zu lassen?
  • Wenn Religion wichtig ist, wie gehen wir global mit den Religionskonflikten um, ohne die dahinterliegenden Bedürfnisse zu ignorieren?
  • Wie kommt man trotz oder mit religiöser Divergenz auf Lösungen globaler Herausforderungen?
  • Muss/kann/sollte Religion eine Rolle spielen in einer teilweise entmystifizierten Umwelt?
  • Und was ist Religion/Glaube überhaupt?
  • Ist Releigion nur ein Problem fehelnder Sicherheit (im mentalen wie im materiellen Sinne)?

Sich ergebende Fragen/Thesen aus der Lektüre

  • Nach Teil 3
    • Soll die Ghita in die Orthodoxie zurückleiten oder ermöglichst sie, durch die Darstellung einer möglichen Hinterfragung, Reflektion bei Arjuna trotz der Zurechtweisung durch Krisna eine Option der Invividualisierung.
    • Kann Mensch wirklich Mensch sein, obgleich er in allen seinen Apekten (Sinn, Vernunft...) eingeengt wird, andrerseits Vernunft und Sinne durchaus nutzen soll?
    • Weiterhin bliebt unklar, wodurch, durch wen, durch was die sozio kosmische Ordnung in ihren Zwängen besteht?
  • Nach Teil 4
    • Religion entsteht und ist nur von Nöten durch zivilisatorische Entwicklungen hin zu komplexeren Gesellschaften - wobei Komplexität auch schon in der Höhlengesellschaft entsteht
    • Krishna manifestiert 4 Kasten als immerwährende Ordnung - nur möglich in einer bereits hochzivilisierten Gesellschaft
  • Nach Teil 5
    • Erkenntnis bzw. Wissen haben eine andere Semantik als im westlichen Kulturkreis - eher im Sinne eines göttlichen Wissens, dem kein Wissenserwerb voran gehen muss.
    • die Ethische Bewertung einer Handlung oder Nichthandlung orientiert sich weniger am Ergebnis als vielmehr an einer Art Haltung, die die Göttliche Fügung nicht in Frage stellt.
    • diese Konzepte spielen einem totalitärem Regime in die Karten, bzw. Erfordern starke Hierarchien, wie sie im Kastensystem wohl auch verankert sind - bei einem grundsätzlichen Fehlen von "Skepsis" und "in Frage stellen" braucht es Führer (Hier wohl Brahmanen)
    • wie kann eine solche Gesellschaft innovativ auf aufkommende Veränderungen reagieren?

Epenvergleich: Schlüsselthemen und vergleichende Charakteristik

Übergreifende Thesen

1. Religionsgeschichtlich bedeutender Moment für die Bhagavadgita und das konzeptuelle Fundament des Hinduismus.

Der Übergang von Ritualpraxen (33: Kanonisierung in den Veden 1000-800) in asketisch-erlösungstheologische Dispositive (47: beginnt mit den ältesten Upanishaden 700-500). Die Dispositive charakterisieren allgemein sieben Annahmen:

  1. Schöpfungstheologische Ausrichtung auf einen Ursprung, das All-Eine (brahman).
  2. Aus 1. folgt eine monotheistische Tendenz.
  3. Ableitung einer Rollenhierarchie der Götter in der Verwaltung der Welt. Diese Hierarchie kann als personifizierende Akzentuierung der Eigenschaften des All- Einen verstanden werden (Avatar-Logik).
  4. Konzept eines unsterblichen Selbst (atman) in einem sterblichen Körper, und zwar individuell abgestimmt als 'individualisiertes Selbst' (jiva-atman).
  5. Konzept eines generationsübergreifenden Kreislaufs zwischen Geburt, Tod und Wiedergeburt (samsara).
  6. Konzept der generationsübergreifenden Weitergabe der Schuldverkettung durch körpergebundenes, eigennütziges oder uneinsichtiges Handeln (karma),die sich zugleich mit einer sozio-kosmologischen, generativen Disposition (dharma) verbindet (als Klassen-Zugehörigkeit, Geburts-Disposition, Körper-Disposition, individuelle Pflicht-Disposition, historische Disposition (individuelle Situation) etc.).
  7. Konzept der endgültigen Erlösung (moksha) als Loslösung von körpergebundenen, eigennützigen oder uneinsichtigen Formen des Handelns, ermöglicht durch die drei 'Wege' (marga) (242) der 'Erkenntnis' (jinana), des (rituellen) Handelns (karma) und der Gottesliebe (bhakti).

Übertragung der Upanishaden-Konstellation auf die Bhagavadgita (56): Zu-sich-selbst-Kommen als Selbst-Disziplinierung heißt hier: asketische Selbstbeherrschung im Handeln, Handeln ohne Eigeninteresse als 'desinteressiertes Handeln, 'wunschloses Erfüllen sozialer Pflichten', all dies dient zur Abwendung möglicher negativer Konsequenzen des Handelns, kann im Individuum als Habitus implementiert werden durch eine Yoga-Form der Selsbtübung (karmayoga). Führt letztendlich zum Erhalt der 'sozio-kosmischen Ordnung' (dharma), deren göttliches Vorbild als In-der-Welt-Handelnder Krishna ist. Der Mensch als Lernender wird exemplifiziert durch Arjuna, der als Feldherr nicht gegen Verwandte kämpfen will, obwohl ihm dies seine Karma-hafte Individualdisposition, in der zugleich eine sozio-kosmologische, generative Disposition (dharma) zum Ausdruck kommt, gebietet.


2. Die Bhagavadgita als Kritik buddhistischer Bewegungen

Gegen buddhistische Bewegungen, deren Fokus auf der Fähigkeit zur individuellen Reflexion liegt, die ohne Bindung an und ohne Rücksicht auf sozio-kosmologische Ordnungen zur (aus sich selbst generierten) Einsicht in das Göttlich-Wahre führen kann, betont die Bhagavadgita schon in den ersten Zeilen die Bedeutung sozio-kosmologischer Ordnungen (dharma) für die jeweiligen Akteure. Krishnas Rolle besteht vor allem in der Verdeutlichung eines Pflicht-Imperativs, der über individueller Einsicht steht und dessen Legitimation den rationalen Kern zu haben scheint, dass die sozio-kosmologische Ordnung erstens seit undenklich langer Zeit existiert und funktioniert sowie zweitens so komplex ist, dass das Individuum es nur perspektivisch-einseitig, aspekthaft erfassen kann und damit bei Zuwiderhandlung riskiert, für die jeweiligen Teilnehmer an diesen Ordnungen unabsehbar Unordnung zu stiften, die immer mehr Unheil, Unglück und an sich Schlechtes als Heil, Glück und an sich Gutes mit sich bringt.


3. Zum zweiten Abschnitt der Baghavadgita (Krishnas erste Intervention): das Problem des kritiklosen Kriegers in einem totalitären Regime

Zumindest ließe sich in diesem Abschnitt die Kritik erheben, dass durch die Ausblendung individuellen Urteilsvermögens und individuell habituierter moralisch-sittlicher Dispositionen zugunsten eines durch die Priesterschaft oder göttliche Intervention legitimierten sozio-kosmologischen Pflichtverständnis (Arjuna sollte Brüder und Schwestern töten, da es seine Pflicht als Krieger und Feldherr ist)die Gefahr eines totalitären Regimes droht, dessen Wertsetzungen und Machtdispositive jenseits individueller Existenzansprüche und jenseits aller Kritik unbeschränkt gültig und unhinterfragt zu vollziehen sind.


4. Zum zweiten Abschnitt der Baghavadgita (Krishnas erste Intervention): das Dilemma des idealen Kriegers. (vebunden mit Punkt 3)

Der ideale Krieger übt keine Kritik an Befehlen, kennt keine Mitgefühle, unterdrückt seine eigenen Gefühle, beherrscht sich und seine Waffentechnik, ist eiskalt, tödlich und rational in der Umsetzung von Anordnungen. In all diesem sieht er seine absolute Pflicht als Krieger-Soldat. Doch was passiert, wenn die Befehle schlecht sind? Was, wenn der Befehl lautet, alle Priester zu töten, die Befehle korrigieren könnten?

Anzumerken ist aber immerhin, dass die Geschichte an dieser Stelle diese Kritik in den Blick nimmt, erlaubt und refelktorisch bearbeitet. Der Einfluss des Buddhismus in der Gesellschaft mur zur Entstehung dieser Geschichte also schon dringlich geworden sein.

5. Zum zweiten Abschnitt der Baghavadgita (Krishnas erste Intervention): das Pflicht-Problem. (verbunden mit Punkt 3)

Bis zu diesem Abschnitt gab es in der Lektüre noch keinen Verweis darauf, wie Fehler und Korrektive in die Ordnungs-Systeme der Menschen, in denen Pflicht absolut gilt, selbst eingehen und eingebaut sind, also ohne eine avatarische Präsenz des Göttlichen in ihrer Welt (etwa durch Krishna).

6. Jesus und Krishna, sowie: Propheten, Avatare und Göttervielfalt

Krishna kommt und geht, entscheidet selbst über seine Verkörperung, taucht ständig hier und dort unter verschiedenen Namen auf, scheint wie ein göttlicher Bote unantastbar. Könnte er von einem Pfeil verletzt werden? Könnte Arjuna ihn kreuzigen? Jesus kommt nur einmal, opfert sich selbst, wird Opfer, und überlässt der Welt sich selbst. Jesus greift aktiv durch Gruppenbildung, Verweigerung und Revolte in sein soziales Umfeld ein, Krishna berät nur ohne aktiv Einzugreifen - allerdings bleibt Jesus in der Durchsetzungsphase auch passiv, er lässt geschehen, was menschliche Mächte wollen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der Differenz zwischen Propheten, Avataren und Göttern. Es scheint kein Konflikt zwischen Avataren möglich, wohl aber zwischen (griechischen) Göttern. Propheten verfügen über göttliches Wissen, manchmal auch über (heilende) Macht, können aber irren (?), stehen den Göttern ferner als und haben nicht dieselbe Autorität wie Avatare. Weiterhin sind Avatare quasi global aktiv, können überall auftauchen, Propheten leben irgendwo und sterben. Avatare scheinen Engeln zu ähneln, aber es gibt keinen gefallenen Avatar (?).

Literatur, Quellen Links

Basisliteratur

  • Richard Garbe von 1905: Die Bhagavadgita aus dem Sanskrit als Prosa übersetzt. Mit einer Einleitung über ihre ursprüngliche Gestalt, ihre Lehren und ihr Alter. Leipzig. Amazon
  • Helmuth von Glasenapp von 1986/1965: Bhagavadgita - von einem bekannten deutscher Indologe und Schüler von R.Garbe - ästhetische, an die Metrik des Originals anknüpfende Übersetzung. Amazon
  • Sarvepalli Radhakrishnan von 1958: Die Bhagavadgita, Sanskrittext mit Einleitung und Kommentar von S. Radhakrishnan, mit dem indischen Urtext verglichen und ins Deutsche als Prosa übersetzt von Siegfried Lienhard. Baden-Baden. 447 S. [Akademischer Standard]
    Radhakrishnan schreibt, dass nach Aussage der Bhagavad Gita „ein Kampf zwischen Gut und Böse in der Welt stattfindet, an dem Gott innigen Anteil nehme“. Radhakrishnan sieht in der Gestalt von Krishna, wie sie in der Gita erscheint, „eine Veranschaulichung der geistigen Quellen und der verborgenen Göttlichkeit des Menschen“. Amazon
  • A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada von 1972: Die "Bhagavad-gita Wie Sie Ist" beinhaltet eine Wort-für-Wort Übersetzung und Kommentierung der Bhagavad-gita, dem Gründer der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (ISKCON).
    Das von Prabhupada verfasste Werk bietet die originalen Sanskrit-Verse in Devanagari und in einer lateinischen Transliteration. Es folgt eine Wort-für-Wort-Übersetzung und anschließend die Übersetzung des jeweiligen Verses mit Erläuterungen.
    Die "Bhagavad-gita Wie Sie Ist" ist neben dem Srimad Bhagavatam eine der wichtigsten Schriften der ISKCON und anderer Gaudiya-Vaishnava-Organisationen. Der Autor kommentiert die Bhagavad-gita in der Auslegung der Gaudiya Vaishnavas, des bengalischen Vaishnavatums. Bhaktivedanta Prabhupada, Geb. 1896 in Kalkutta, kam auf Wunsch seines Spirituellen Meisters 1965 mit einem Schiff nach New York, um den Hare Krishna Mahamantra in der westlichen Welt zu verbreiten. Er konnte 1972 sein vollständiges und ungekürztes Manuskript der Bhagavad Gita As It Is bei The Macmillan Company in New York veröffentlichen. Die deutsche Gita Wie Sie Ist ist eine Übersetzung seiner Schüler vom englischen Original und wurde zum ersten mal 1974 herausgegeben. 1981 (die 5. Auflage) wurde eine verbessert-übersetzte Version herausgebracht, und 1983 nochmals nachgedruckt.
    2012 wurde eine eventuell verfälschend ergänzte weitere Auflage herausgebracht.
  • Jack Hawley von 2002: Eine moderne Prosa-Fassung Bhagavadgita Amazon

Zusatzquellen

  • Angelika Malinar: The Bhagavadgita: Doctrines and Contexts. Cambridge. 2007.
  • Angelika Malinar: Rajavidya: Das königliche Wissen um Herrschaft und Verzicht. Studien zur Bhagavadgita. 1996. [Habilitation. Ausführlicher Grundlagentext mit Kommentierung der Verse und historischem Kontext.]
  • Angelika Malinar: Hinduismus. 2009. Amazon
  • Egbert Richter-Ushanas: Die Philosophie der Bhagavadgita in der indischen Tradition und im Abendland. 2011. [Dissertation] grottenschlecht
  • Swami Chinmayananda: La Bhagavad Gîtâ. Übersetzt ins Französische von Christiane Madeline. Paris. 2012.
  • Michel Hulin & Emile Senart: La Bhagavad-Gita: Suivie du Commentaire de Sankara. Paris. 2010.
  • Media:Ahmad-Epic-Counter-Eoic-India-1963.pdf‎
  • DIE BHAGAVAD-GÎTÂ auf Basis von Franz Hartann als theosophische Übersetzung von 2008/1922
Zusatzquellen zum Thema Religion

Ausführliche Themen

Kontext

Zusammenfassung Angelika Malinar: Hinduismus. 2009. Amazon

Teil I Begriff Hinduismus
  • Der Hinduismus ist keine einheitliche Religion. Indologen und Religionswissenschaftler verwenden häufig den Begriff Hindu-Traditionen oder Hindu-Religionen. Der Begriff Hinduismus umfasst einen Komplex religiöser Traditionen und gesellschaftlicher Phänomene, die teilweise sehr unterschiedliche sozioökonomische, historische und geographische Bedingungen haben.
  • Das Wort „Hindu“ stammt aus dem Persischen und bezeichnet im Singular den Fluss Indus (der im Sanskrit wiederum Sindhu heißt). Als geographische Bezeichnung kommt dieses Wort somit schon in den altpersischen Inschriften der Achämiden vor.
  • Mit dem Vordringen der Muslime ab 711/12 n. Chr. wurde die einheimische Bevölkerung Hindus und das Land als „Al Hind“ genannt. Diese aus der Steuerverwaltung entsprungene Bezeichnung wurde von allen nachfolgenden Herrscherdynastien weitergeführt, zuletzt von den Engländern, die die Strukturen der Mogulverwaltung übernahmen. Die Hindu-Identität konstruiert sich damit besonders durch ihr Verhältnis zu den herrschenden Muslimen als Nicht-Muslime.
  • In der englischen Kolonialzeit entstand die künstliche Unterscheidung zwischen „Inder“ im säkularen und „Hindu“ im religiösen Sinn, im Unterschied zu Muslimen und Christen. Davon abgeleitet entstand „Hinduismus“ als Sammelbegriff für indische Religionen.
  • Innerhalb des Hinduismus gibt es monotheistische, dualistische und polytheistische Richtungen, Gottheiten erscheinen als persönliche oder unpersönliche Wesen. Die Hindu-Religionen verfügen weder über ein gemeinsames Glaubensbekenntnis noch über eine zentrale Institution, die Autorität für alle Hindus hätte. Nur einzelne Richtungen gehen auf einen bestimmten Gründer zurück. Die Ausprägung der indischen Philosophie und sogar die Gottesvorstellungen sind in den einzelnen Strömungen sehr verschieden, auch die Ansichten über Leben, Tod und Erlösung (Moksha) stimmen nicht überein. Der Priesterstand kann sowohl dem Brahmanentum als auch niedrigeren Kasten angehören, teilweise besteht er auch aus sogenannten Unberührbaren. Für den persönlichen Glauben haben religiöse Lehrer (Gurus) oft einen großen Stellenwert.
  • Auf der zweiten von der Vishva Hindu Parishad organisierten Welt-Hindu-Konferenz von 1979 konnten sich die Vertreter verschiedener hinduistischer Gruppierungen, Kasten oder religiösen Richtungen nicht auf eine gemeinsame Definition einigen. Immerhin entwickelte man einen Sechs-Punkte-Kodex für alle Hindus: Wer Gebete (suryapranama und prarthana) spricht, die Bhagavad Gita liest, eine persönliche Wunschgottheit (Murti, wörtlich „Götterstatue, Bild“) verehrt, die heilige Silbe Om verwendet und das heilige Kraut Tulsi („Indisches Basilikum“) anbaut, der darf sich „Hindu“ nennen.
Teil II Geschichte
  • Um 1500 v.Chr. ins Industal einwandernde "vedische" Stämme, die sich selbst als "arya" ("gastfreundlich", aber auch "Klanmitglied", dann auch "edel") bezeichnen, bringen neben Ihrer Sprache, dem Sanskrit, einen religiösen Opferkult mit. Das Sanskrit ist bis heute die Ritualsprache des Hinduismus. "Veda" bedeutet "Wissen" - jenes um das Opfer und seine kosmoserhaltende Wirkung, ist gleichzeitig die Bezeichnung für die rituellen Textsammlungen.das vedische Pantheon besteht aus einer Vielzahl an Göttern.
  • Ab dem 6. Jh vChr asketische (Gegen- oder Reform-) Bewegungen des Jainismus und des Buddhismus: Die Lehre vom unsterblichen Selbst (atman), dem Kreislauf von Geburt und Tod, der Askese. Eins der äußerlichen Zeichen der Abwendung von der vedischen Praxis ist die Verwendung einer anderen Ritualsprache, nämlich des Prakrit.
  • Ab dem 11. Jh nChr Auseinandersetzung mit dem Islam.
  • 1206 Sultanat von Delhi.
  • 1526 islamische Mogul-Dynastie in ganz Indien.
  • Um 1750 Beginn der Britischen Einflussnahme in Indien, zunächst durch die Ostindien-Kompanie. Nach Aufständen gegen die Kompanie (und die Briten) Auflösung der Kompanie und Übernahme der Herrschaft durch die brit. Krone. Ruinieren bestimmter Handwerkszweige und damit der Sozialstruktur durch wirtschaftliches Agieren der Briten (z.B. Export von Baumwolle, Re-Import brit. Textilien). Zunächst keine Einmischung der Briten in religiöse Fragen. Mit dem Wandel wirtschaftlicher Interessen in die Übernahme von Regierungsverantwortung Notwendigkeit zur Positionierung auch in sozialen oder religiösen Fragen. Was kann man, und was muss man akzeptieren? (Witwenverbrennung pro und contra)
  • 1885 Gründung der Kongress-Partei als Ausdruck eines Bestrebens nach Unabhängigkeit und der Betonung des Wertes der eigenen Kultur. Einer der Parteiführer ist der für Gewaltlosigkeit und passiven Widerstand stehende Mahatma Gandhi. Er sieht die Stellung der Unberührbaren als Makel Indiens, kann sich aber hier nicht zu Konsequenz entscheiden, was viele Unberührbare zum Buddhismus treibt. Ein weiteres Ansinnen Gandhis ist die Aussöhnung zwischen Moslems und Hindus. Ermordung Gandhis 1948. Unabhängigkeit! Abschaffung der Unberührbarkeit mit der Verfassung von 1950, gleichwohl nach wie vor gesellschaftliche Realität.
Teil III - religiöse Praxis (Seite 127 - 183)
  • Es gibt 5 Hauptaufgaben der Gottheiten: Schöpfung, Erhalt und Zerstörung der Welt (i.d.R. Durch Brahma, Visnu und Siva verkörpert und "trimurti" genannt), Sowie (4) Verwirrung der Individuen / Verhüllung der Erkenntnis, Und (5) Enthüllung, Offenbarung, Erlösung.
  • All dies tun sowohl weit verbreitet verehrte Hauptgötter sowie Dorf- und Familiengottheiten
  • Als Hauptgötter gelten Visnu, Krsna, Rama, Siva, Sri Laksmi, Durga, Kali (letztere drei sind weiblich)
  • Visnu ist in vedischen Texten und Epen als mächtiger Gott etabliert. Er schafft, erhält und zerstört (zur Rettung der Ordnung) die Welt. Er erscheint auch in Form von 10 Herabkünften (Avataren) zu denen nach bestimmten Überlieferungen auch Krsna, Rama und Buddha gehören. Seine letzte Verkörperung steht beim Weltenuntergang bevor. Das kann so lange aber nicht mehr dauern: Schließlich gibt es eine Abfolge von 4 Weltaltern, in deren Letzterem (degenerierten) wir und befinden. (ein Viererzyklus dauert 4,32 Millionen Jahre. Das letzte Zeitalter begann nach traditioneller Auffassung mit dem Tode Krsnas 3102 v.Chr.) In der dann folgenden kosmischen Nacht wird Visnu schlafen. Durch seine Kraft genährt wird Brahman die Welt neu erschaffen.
  • Krsna spielt eine zentrale Rolle im Mahabharata-Epos, u.a. der Bhagavadgita. Er ist der Flöte spielende Beschützer der Kühe und Verführer der Hirtinnen. Obwohl er als Visnu-Avatar gilt, und teilweise mit diesem identifiziert wird, ist er doch ein eigenständiger Gott und wir gar als "Der Höchste" verehrt.
  • Rama ist zusammen mit Sita das ideale Ehepaar der indischen Kulturgeschichte (vor allem wohl der duldenden Gattin wegen). Die Fernsehfassung des epischen Textes Ramayana war in den 80er Jahren mit ihren 100 Folgen ein überwältigender Erfolg. Die Wiederkehr von Ramas Herrschaft (Ramaraja) wurde zum politischen Programm Der indischen Unabhängigkeitsbewegung und des Hindu-Fundamentalismus.
  • Siva - als alter Gott keine Visnu-Inkarnation ist der Herr der Nutztiere. Mahesvana (mächtiger Herr) und Mahadeva (Großer Gott) sind ihm beigelegte Eigennahmen. Als einsamer Jäger mit Pfeil und Bogen an den Randzonen der Gesellschaft ist er bedrohlich und mit besonders zerstörerischer Macht ausgestattet. Er ist Asket und Herr des Yoga, aber auch mit hoher sexueller Energie und Macht gesegnet, weshalb sein Zeichen das phallische Emblem "Lingam" ist.
  • Sri Laksmi taucht aus dem Chaos auf und wählt Visnu als kosmischen Herrscher und Gatten.
  • Durga und Kali werden als jeweils singuläre Hauptgöttinnen, teilweise in Assoziation zu Siva (Liebe, Tod, Zerstörung) verehrt.
  • Göttinnen haben grundsätzlich einen ähnlichen "Zuständigkeitsbereich" wie männliche Götter, treten aber auch als Symbolisierungen (Göttin Morgenröte, Göttin Sprache, fast alle Flüsse sind weibliche Gottheiten) auf.
  • Als regionale oder Dorfgottheit wird häufig Siva, seltener Visnu in einer bestimmten regionalen Erscheinung verehrt, aber auch andere Haupt- und Nebengötter, die dann meist als bestimmte Ausprägung der Hauptgötter interpretiert werden. Hier hat auch eine Verschmelzung älterer oder nur regional bekannter Gottheiten mit hinduistischen Hauptgöttern stattgefunden. Man spricht auch von kultureller Sanskritisierurng.
  • Das Vorhandensein von insgesamt über 300 Millionen verehrten Gottheiten kann dazu führen, den Hinduismus als polytheistische Religion zu sehen. Andererseits werden wohl die einzelnen Gottheiten als nur verschiedene Aspekte des einen Göttlichen verstanden. Die "trimurti" bspw. "... Ist kein Polytheismus, sondern ist das Signum der Einheit der göttlichen Zuwendung zur Welt." (Malinar S. 147)
  • Ort der religiösen Praxis ist der meist vorhandene Hausschrein oder der Dorfschrein, an dem geopfert wird, um die Götter (und Ahnen und Geister...) in ihrem willkürlichen Spiel mit der Welt und dem Menschengeschick milde zu stimmen oder die Ahnen nicht gegen sich aufzubringen.
  • Daneben wird Religiosität in Festen praktiziert, in deren Rahmen u.a. Sänger und Musiker z.T. über mehrere Tage und Nächte religiöse Texte und Epen rezitieren.
  • Ein weiterer Ort religiöser Praxis (und unter Umständen auch Pilgerfahrt) ist der nach symbolischer (u.a. am menschlichen Körper orientierten) Architektur angelegte Tempel. Die Tempel werden von einer i.d.R. Brahmanischen und männlichen Priesterschaft betrieben. Acht Gottesdienste am Tag sind normal.
  • Die Landkarte Indiens als kosmographischer Region ist insgesamt auch als religiös-symbolische Karte, u.a. mit einer nord-südlichen Werteskala, zu lesen.
  • Indien ist "Karmabhurmi", der Ort des Ansammelns von Verdiensten und damit der Möglichkeit der Erlösung.
  • Indien ist Ort des Dharma, der (richtigen) Ordnung (des Kastenwesens) und der rituellen Reinheit.
  • Essenz des vedischen Wissens ist die Silbe "Om".
Teil 4 Soziale Dimension des Hinduismus
  • Zugehörigkeit zum Hinduismus ergibt sich durch Geburt im Kastensystem, wobei dies wiederum nach dem Glauben ein Resultat der Qualität der früheren Lebens ist.
  • Das deutsche Wort Kaste entstammt dem portugiesischen casta - Gruppe/Gattung.
  • Das Kastensystem ist durch religöse Werte strukturiert, dem Grad der "religiösen Reinheit" folgend.
  • Die Kaste gibt dem Einzelnen den primären Referenzrahmen für Religiösität - rituelle Rechte und Pflichten beinhaltend.
  • Religionszugehörigkeit, aber auch Sozialer Status, sind an die Kaste gekoppelt. U.a. Inititationsriten und Lebenszyklusrituale verleihen soziale Rollen und Prestige - der einzelne Mensch wird "sozial positioniert" und kann in "gesellschaftliche Transaktionen eintreten".
  • Individuelle Religiösität ist aber möglich. Es gibt religiöse Praktiken ausserhalb der Vorgaben einer Kaste (z.B. Verehrung von Herzensgottheiten). Grundsätzlich soll jeder Einzelne zwecks Vorbereitung seines nächsten Lebens, "das beste aus seinen Möglichkeiten machen", dies gilt auch innerhalb seiner Kaste.
  • Ausschluss aus einer Kaste ist durch Vergehen, Entsagung oder Initiierung in einer anderen Gemeinschaft möglich.
  • Die Konversion in den Hinduismus ist nicht möglich.
  • Kastenhierarchien sind lokal unterschiedlich und umkämpft und die Attraktivität der unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften liegt in der Möglichkeit zu alternativen Rechten und Positionen. Desweiteren kann das Karma reduziert oder aufgehoben werden (scheint so eine Ablassoption zu sein).
  • Grundsätzlich existieren vier Kasten in hierarchischer Anordnung: Bramanen (Priester und Gelehrte -> Mund), Ksatriya (Krieger, Aristokraten und Landbesitzer -> Arme), Vaisya (Händler, Geschäftsleute und Handwerker -> Beine), Sudras (Diener, Tagelöhner -> Füsse).
  • Die obersten drei Kasten agieren freier miteinander (Heirat, Essen), bzw. zwischen Ihnen besteht eine Hieraechie relativer Reinheit.
  • Die Priester nehmen aber eindeutig die Spitze der Hierarchie ein und repräsentieren die höchsten Werte und Normen und auch eine Relativierung des sozialen Machtstrebens (Prestige und auch Besitz) der darunter liegenden Kasten.
  • Die Sudras haben keine rituellen Rechte und dürfen die vedischen Texte nicht studieren. Sie haben kein Recht zur zweiten Geburt (Heiratsritual) und sind nur mit der Unreinheit der darüber liegenden Kaste beschäftigt.
  • Ausserhalb der Kastenzugehörigkeit existieren die "Unberührbaren" Gruppen (obgleich durch die indische Verfassung abgeschafft), die sich ursprünglich um Müll, Fäkalien und leichen kümmern. Diese Gruppen entwickelen zum Teil eine eigene religiöse Identität (z.B. als Ur Hindus, die ehemals ausgeschlossen wurden). Der politische Versuch ihrer Integration und Aktivierung für weitere Berufe scheiterte an ihrer Zersplittertheit, wobei weiterhin staatliche Fördermassnahmen bestehen.
  • Häufig findet sich keine reine Vier-Kasten-Gesellschaft, sondern eine Vielzahl von Geburtsgruppen (jati), auch Subkasten genannt, die zusammen mit der Herkunftsregion zur Identität einer Person beitragen.
  • Die sozialen und rituellen Normen (auch Regeln für die Ordnung - des Dharma) sind in Rechtstexten behandelt - je nach Kaste (Varna) und Lebensphase (Asrama).
  • Das Asrama ist unterteilt in brahmacarin (Student), grhasthin (Haushälter), Vanaprastha (Waldeinsidler), Samnyasin (einer der allem entsagt).
  • Die Regeln der Ordnung (Dharma) bestehen aus den Zusammenhang der Gesetzte, die die natürliche Lebensgrundlage leistet, der Svaddharma - Vorschriften und Gesetze für die soziale Position, dem Dharma für die Rechtsordnung.
  • Die Dharmavorschriften richten sich desweiteren auch nach vier grundsätzlichen Lebenszielen: Dharma, Artha (materielle Sicherung), käma (Befriedigung sinnlicher/sexueller Bedürfnisse, moksa (Streben nach Erlösung).
  • Sozialle und religiöse Praktiken sind stark mit der Idee von Reinheit und Unreinheit (z.B. bezüglich Substanzen wie Essensresten, Tod, Gesetzesverstösse) verknüpft.
  • Reinigungsriten als auch Reinigungsmittel spielen eine grosse Rolle. Mit Reinheit ist auch eine Eignung für etwas gemeint.
  • Je höher die Fähigkeit zur Reinigung desto höher der soziale Status.
  • Das Konzept der Reinheit wird auch beim Speisen angewendet und es gibt viele Regeln zur Frage, wer bei wem essen darf und in welcher Ordnung dies geschieht.
  • Reinheit kann auch metaphysisch bezogen sein auf die "Reinheit des unsterblichen Selbst" und die "Unreinheit der Welt".
  • Die Unreinheit, die durch den Kontakt des Selbst mit dem Körper entsteht, kann ausgemerzt werden durch Yogasutra. Die Reinigungsbemühungen haben als Mittelpunkt: Unwissenheit, Egoismus, Leidenschaft, Hass, und Liebe zum Leben.
  • Asketische Konzepte unterstützen die Reinigung (sattva-Diät).
  • Neben der Geburt bestimmen 16 Lebenszyklusrituale (Samkaras) den sozialen Status (Zeugung, Ritual für einen männlichen Fötus, Haarscheitel ziehen, Geburt, Namensgebung, Erstes Verlassen des Hauses, Erster Verzehr von Nahrung, Erstes Haare schneiden, Durchstechen des Ohrläppchenns, Erstes Lernen - zweite Geburt, Schülerinititiation, Vedastadium, Erste Rasur, Ende des Studiums, Hochzeit, Tod): Samkaras dienen als "Perfektionierungen". Zu den Samkaras gehören auch häusliche Rituale (Opferformeln), die vom brahmanischen Hauspriester durchgeführt werden.
  • Samkaras gelten als eine wichtige Gemeinsamkeit aller Hindus.
  • Die Rituale unterscheiden sich stark zwischen den Kasten (zweite Geburt nur bei den drei oberen Kasten) und zwischen den Geschlechtern.
  • Viele Rituale dienen dem Aspekt der Lehrsamkeit.
  • Die Hochzeit (Erhebung in den Haushäterstatus und Bildung eines ökonomischen Zentrums bis zur Geburt der Enkel) eröffnet den Raum zur Verwirklichung der sozialen Aufgaben - erst danach wird man zum vollwertigen Mitglied der Gesellschaft.
  • Stabilität und Wohlergehen der Großfamilie stehen im Zentrum der Ehe, nicht Zuneigung und Gefühle. Allianzbeziegungen und Heiratsarrangements im Rahmen bestimmter Regeln bezüglich der Stellung im Kastensystem sind wie Brautpreise und Mitgiften üblich. Zur Schau getragene Intimiät und selbst Gespräche zwischen Ehepartnern in der Öffentlichkeit sind verpöhnt.
  • Als alternativer Lebensweg zu Hochzeit ist die Wahl eines Asketenlebens möglich (möglichst vor einer Hochzeit aber auch in Ausnahmen im Sinne einer Scheidung nach der Eheschliessung).
  • Das Totenritual ist wichtig, damit der Verwandte nicht zum feindlichen Geist wird. Der Tote wird verbrantt, sein Schädel gespalten, die Asche dann in einer Urne verwahrt oder in einen Fluss gestreut. Dem Toten hat nun auh Anrecht auf Opferung und seine individuelle Eistenz wird so in eine sozio-kosmische Ordnung eingebettet.
  • Die Erfüllung des individuellen Lebens besteht in der Übernahme von sozialen Aufgaben.
  • Frauen in höheren Kasten hatten geringe ökonomische Unabhängigkeit. Männer sollen Frauen kontrollieren und eingrenzen - am besten durch die Ehe.
  • Hauptpflicht der Frau ist der Dienst für den Ehemann und als Hüterin der Familie und des Haushalts.
  • Frauen haben keine Studienzeit und kein upanaya Ritual (wichtiges Ritual während des Studiums - Studium im Sinne religiöser Ritualle).
  • Frauen die beim Tod des Ehemannes auch freiwillig in den Tod gehen, werden geehrt.
  • Wie bei Männern ist es auch Frauen trotz aller Vorbsteimmtheit möglich, Verwirklichung in vielen verschiedenen religiösen Gemeinschaften zu erreichen.
  • Erst mit der Geburt von Kindern erhöht sich die Stellung der Frau.
Teil 5 Institutionen und organisatorische Strukturen
  • keine zentrale Instanz
  • Gemeinsame Rituale in Bezug auf dharma, karman oder Erlösung
  • Sprache, sozialer Kontext und relgiöse Kultur der Herkunftsregion als wesentlicher Rahmen
  • Tempel, Klöster, religiöse Gemeinschaften, Orden und Gurus ergeben und unterstützen religiöse Beziehungen
  • Tempel
    • auch ökonomische und soziale Zentren mit grossen Ländereien
    • die Tempelgemeinschaften sind durch die weltliche Macht unterstützt (z.B. Steuerprivilegien)
    • 1976 kam es zur vollständigen Enteignung der Tempel und zur Unterstellung in staatliche Kontrollstrukturen
      • Seitdem entwickelt sich auch privates Sposorentum (Versuch der Unabhängigkeit vom Staat)
  • Klöster (matha) und religiöse Zentren (Asrama)
    • dienen manchmal als Residenz von einem bedeutenden Lehrer
    • Asrama historisch oft auch asketische Einsidelein
    • Matha sind meist verbunden mit einem Tempel
    • Dienen neben dem religiösen Zentren auch für Handel, Ausbildung, Gesundheitsversorgung, Rekrutierung im Kriegsfall und als militärisches Trainingszentrum
  • religiöse Gemeinschaften (Sampradaya)
    • dienen eher der Überlieferung religiöser Tradition als der Abwandlung einer zentralen Orthodoxie
    • die Mitgliedschaft in einer Sampadaya steht nicht zwingend im Widerspruch zu eigentlichen durch Lebenszeitrituale verfestigten Identität
    • werden oft durch charismatische Stifter ins Leben gerufen
    • die Aufnahme in eine solche Gemeinschaft ist meist allen offen, Initiationsriten werden bei der Aufnahme durchlaufen
    • Kleidung, Körperbemalung, Brandmarkungen, Stirnzeichnungen, Halsketten zur Murmelzitation und Mantras (Formeln zum Gottesanruf) bzw. andere kanonische Texte (Offenbarungstexte, Ritualhandbücher, Biographien des Stifters und weiteres) spezifizieren die Mitgliedschaft in einer solchen Gemeinschaft
    • Die dezentrale Organistationstruktur besteht auch auf der Ebene der Religionsgemeinschaften und sorgt so umsomehr für die religiöse Fragmentierung in Indien.
Teil 6 Konzepte

Einbettung in indische Geschichte

Hinduismus vs.Buddhismus