Das terrestrische Manifest von Bruno Latours: Unterschied zwischen den Versionen

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==Symposien==
==Symposien==
* 23. Januar 2020 - 2030 bei Tiemo
* 23. Januar 2020 - 2030 bei Tiemo
* 12. Februar 2020 - 2030 bei Andreas
* 26. Februar 2020 - 2030 bei Tobias
* 12. März 2020 - 2030 bei Tiemo
* 2. Juli 2020 - 2030 bei Tiemo


==Fragen, Kurzeinträge, Thesen, Literatur==
==Fragen, Kurzeinträge, Thesen, Literatur==
===Resümee Tobias 22.3.2020===
Stellungsnahme zu Latours Où attérir?
1. Latour liegt mit seiner Exposition des Kernproblems der Erdvergessenheit richtig: der Weg aus der Klimakrise führt zurück zur Lebensraum-, Lebensform- und Biosphären-Problematik, aus der Geopolitik, Ökologie und die Abgrenzungsbewegung von Soziologie und Naturwissenschaft hervorgingen.
2. Latour liegt auch mit seiner Aufforderung, die Erdvergessenheit durch eine positive Emotionalisierung des sozial, staatlich und lebensweltlich konstituierten Erdverhältnisses rückgängig zu machen, richtig.
2. Latour liegt mit seinem Lösungsverschlag einer deskritptiv-veranlagten Datensammlung tradierter Lebensformen aller Organismustypen falsch (hierüber hinaus ist die methodisch-praktische Durchführbarkeit nicht einsichtig): erstens werden die Konzepte der Lebensform und des Organismustyps begrifflich nicht hinreichend geklärt, zweitens bleibt unklar, was den Wert des Lebens ausmacht, und drittens ist zweifelhaft, dass konkrete Ursachen des Problemkomplexes ʻKlimakriseʼ (bis auf die Emotionalisierung) damit gelöst werden könnten. 
Fünf Thesen zur Coronavirus-Krise
1. Spannungsgefüge zwischen Virologen (Ursachen biologischer Eigenschaften einer Wirts-abhängigen Reproduktionseinheit) und Epidemologen (Statistik und Abwägung der Wirkung dieser Eigenschaften auf den Menschen) durch Präzedenzfallproblematik: Epidemologen verfügen über keine valable Statistik, Virologen treffen epidemologische Vorhersagen aufgrund besonderer biologischer Reproduktivität.
2. Spannungsgefüge zwischen Konsens-fundierter Demokratie als Interessenvertretung aller Teilnehmer und naturwissenschaftlich begründeter Prozesse einer Elite von Wissenden, die ohne übergeordnete Instanz über Existenz- oder Überlebensfähigkeit entscheiden (analog zur Umweltkrisen-Debattenlage).
3. Negativer Totalitarismus von Notstandsgesetzen: keiner soll sterben, der es Krisen-bedingt könnte. Dahinter steckt die Verfassungs-konforme Annahme: Keiner will sterben, wenn er nicht (trotz staatlichen und technischen Interventionspotentials) muss.
4. Gefahr der Stärkung rechtsnationaler Bewegungen durch staatlichen Eingriff in die als Volksgesundheit ausgelegte Gesundheit des Staatsbürgers.
5. Leistungsgesellschaftliche Pragmatik der Arbeitsfähigen und Gesunden gefährdet interessenunspezifische Solidarität mit Instabilen, Kranken und Älteren, könnte sie aber auch – zusammen mit einer wachsenden gesamtgesellschaftlichen Solidarität (analog zur Klimakrise) – stärken.
Was tun? Wegoptionen aus der Klimakrise (mit Analogien zur Coronavirus-Krise)
1. Die Klimakrise (wie die Coronavirus-Krise) ist unvermeidbar, aber im Verlauf zeitlich dehnbar.
2. Die Klimakrise wird zu einer frühzeitgen Unbewohnbarkeit der Erde führen, die sonst wesentlich später, aber sicher eintreten würde.
3. Techniken der Aufschiebung und geodezentrierter Lösungen der Klimakrise sind bekannt, aber sinnkritisch und in humanistisch-orientierter soziopolitischer Perspektive nicht befriedigend. Was ist der Sinn, ein sicheres Ende (etwas) Hinauszuzögern? In der gängigen Variante: besser kontrollierbare soziale Konflikte und mehr technisch-ermöglichte Erdflüchtlinge. Das Problem der Autorisierung der Kontrollinstanz bleibt ungelöst. Nicht alle kommen in die Arche Noah.
===Gedanken von Tiemo zum Abschluss der Lektüre (weniger so explizit ===
* Die Menschheit ("in der Breite", "im Durchschnitt") hat kein angemessenes Wissen zur Natur und ihren Lebensgrundlagen - "Wissenschaft" als korrigierendes Konstrukt, hat zu wenig Einfluss in "der Breite".
* Andererseits sind wir "von Natur" fatal getrieben ("falsche Attraktoren") durch den Drang zur individuellen Effizienz im kurzfristigen Tun (eine Art "Faulheit", die vielerlei Rücksichtnahme zerstört).
* Emotionale Fähigkeiten verstärken die Abkehr von balancierten Trieben.
* Wir neigen dazu, das "terrestrische" körperlich und geistig "aus" zu nutzen ohne es zu verstehen und - ohne es verstehen zu wollen - mir fehlt hier der Glaube an neue Attraktoren.
* Die korrigierenden sozialen und kulturellen Prozesse lenken eher ab, als dass sie dem Individuum Einhalt geben.
* Weder die Trägheit demokratisdcher Prozesse z.B. im föderalen Europa, als überhaupt das demokratische Prinzip, diejenigen wählen und entscheiden zu lassen, die individuell fast jegliche Neigung für das Terrestrische vermiessen lassen, führen zu einer Lösung, der durch begrenzte Ressourcen aufgekonmmenden Krise.
* Es bleibt die Flucht nach vorne (S. Hawking Theoerie zur Suche nach einer neuen "Erde") und
** die Frage der Autorisierung von Entscheidungen

Aktuelle Version vom 26. Juli 2020, 15:40 Uhr

Symposien

  • 23. Januar 2020 - 2030 bei Tiemo
  • 12. Februar 2020 - 2030 bei Andreas
  • 26. Februar 2020 - 2030 bei Tobias
  • 12. März 2020 - 2030 bei Tiemo
  • 2. Juli 2020 - 2030 bei Tiemo

Fragen, Kurzeinträge, Thesen, Literatur

Resümee Tobias 22.3.2020

Stellungsnahme zu Latours Où attérir? 1. Latour liegt mit seiner Exposition des Kernproblems der Erdvergessenheit richtig: der Weg aus der Klimakrise führt zurück zur Lebensraum-, Lebensform- und Biosphären-Problematik, aus der Geopolitik, Ökologie und die Abgrenzungsbewegung von Soziologie und Naturwissenschaft hervorgingen.

2. Latour liegt auch mit seiner Aufforderung, die Erdvergessenheit durch eine positive Emotionalisierung des sozial, staatlich und lebensweltlich konstituierten Erdverhältnisses rückgängig zu machen, richtig.

2. Latour liegt mit seinem Lösungsverschlag einer deskritptiv-veranlagten Datensammlung tradierter Lebensformen aller Organismustypen falsch (hierüber hinaus ist die methodisch-praktische Durchführbarkeit nicht einsichtig): erstens werden die Konzepte der Lebensform und des Organismustyps begrifflich nicht hinreichend geklärt, zweitens bleibt unklar, was den Wert des Lebens ausmacht, und drittens ist zweifelhaft, dass konkrete Ursachen des Problemkomplexes ʻKlimakriseʼ (bis auf die Emotionalisierung) damit gelöst werden könnten.


Fünf Thesen zur Coronavirus-Krise 1. Spannungsgefüge zwischen Virologen (Ursachen biologischer Eigenschaften einer Wirts-abhängigen Reproduktionseinheit) und Epidemologen (Statistik und Abwägung der Wirkung dieser Eigenschaften auf den Menschen) durch Präzedenzfallproblematik: Epidemologen verfügen über keine valable Statistik, Virologen treffen epidemologische Vorhersagen aufgrund besonderer biologischer Reproduktivität.

2. Spannungsgefüge zwischen Konsens-fundierter Demokratie als Interessenvertretung aller Teilnehmer und naturwissenschaftlich begründeter Prozesse einer Elite von Wissenden, die ohne übergeordnete Instanz über Existenz- oder Überlebensfähigkeit entscheiden (analog zur Umweltkrisen-Debattenlage).

3. Negativer Totalitarismus von Notstandsgesetzen: keiner soll sterben, der es Krisen-bedingt könnte. Dahinter steckt die Verfassungs-konforme Annahme: Keiner will sterben, wenn er nicht (trotz staatlichen und technischen Interventionspotentials) muss.

4. Gefahr der Stärkung rechtsnationaler Bewegungen durch staatlichen Eingriff in die als Volksgesundheit ausgelegte Gesundheit des Staatsbürgers.

5. Leistungsgesellschaftliche Pragmatik der Arbeitsfähigen und Gesunden gefährdet interessenunspezifische Solidarität mit Instabilen, Kranken und Älteren, könnte sie aber auch – zusammen mit einer wachsenden gesamtgesellschaftlichen Solidarität (analog zur Klimakrise) – stärken.


Was tun? Wegoptionen aus der Klimakrise (mit Analogien zur Coronavirus-Krise) 1. Die Klimakrise (wie die Coronavirus-Krise) ist unvermeidbar, aber im Verlauf zeitlich dehnbar.

2. Die Klimakrise wird zu einer frühzeitgen Unbewohnbarkeit der Erde führen, die sonst wesentlich später, aber sicher eintreten würde.

3. Techniken der Aufschiebung und geodezentrierter Lösungen der Klimakrise sind bekannt, aber sinnkritisch und in humanistisch-orientierter soziopolitischer Perspektive nicht befriedigend. Was ist der Sinn, ein sicheres Ende (etwas) Hinauszuzögern? In der gängigen Variante: besser kontrollierbare soziale Konflikte und mehr technisch-ermöglichte Erdflüchtlinge. Das Problem der Autorisierung der Kontrollinstanz bleibt ungelöst. Nicht alle kommen in die Arche Noah.

Gedanken von Tiemo zum Abschluss der Lektüre (weniger so explizit

  • Die Menschheit ("in der Breite", "im Durchschnitt") hat kein angemessenes Wissen zur Natur und ihren Lebensgrundlagen - "Wissenschaft" als korrigierendes Konstrukt, hat zu wenig Einfluss in "der Breite".
  • Andererseits sind wir "von Natur" fatal getrieben ("falsche Attraktoren") durch den Drang zur individuellen Effizienz im kurzfristigen Tun (eine Art "Faulheit", die vielerlei Rücksichtnahme zerstört).
  • Emotionale Fähigkeiten verstärken die Abkehr von balancierten Trieben.
  • Wir neigen dazu, das "terrestrische" körperlich und geistig "aus" zu nutzen ohne es zu verstehen und - ohne es verstehen zu wollen - mir fehlt hier der Glaube an neue Attraktoren.
  • Die korrigierenden sozialen und kulturellen Prozesse lenken eher ab, als dass sie dem Individuum Einhalt geben.
  • Weder die Trägheit demokratisdcher Prozesse z.B. im föderalen Europa, als überhaupt das demokratische Prinzip, diejenigen wählen und entscheiden zu lassen, die individuell fast jegliche Neigung für das Terrestrische vermiessen lassen, führen zu einer Lösung, der durch begrenzte Ressourcen aufgekonmmenden Krise.
  • Es bleibt die Flucht nach vorne (S. Hawking Theoerie zur Suche nach einer neuen "Erde") und
    • die Frage der Autorisierung von Entscheidungen